03 Jun

Bonsai-Setterina

„Heut morgen hab ich eine Entscheidung gelesen, die eine „Leidensgenossin“ von mir betrifft: ein kleines Mädchen, das an Minderwuchs leidet. Auch ich werde ja zuweilen als „Bonsai-Setterina“ bezeichnet, was angesichts meiner geistigen und mentalen Größe einfach komplett an der Sache vorbei geht. Aber nun zu dieser Entscheidung (OLG Oldenburg, Urteil vom 21.05.2014, Az. 5 U 216/11), die die Kommerzialisierung des deutschen Gesundheitssystems leider deutlich vor Augen führt: Ein 8 1/2-jähriges syrisches Mädchen, das als Asylbewerber in Deutschland lebte, wurde von ihrem Kinderarzt an das Krankenhaus überwiesen. Dort wurde der vier Jahre später bei ihr diagnostizierte Minderwuchs nicht erkannt. Als vertraulichen Zusatz auf dem Arztbrief an den Kinderarzt vermerkte der behandelnde Oberarzt, dass das Mädchen lediglich einen Versicherungsschein nach dem Asylbewerberleistungsgesetz habe. Dieser untersage eine weitergehende Untersuchung und Therapie. Noch in der Berufungsinstanz vertrat das Krankenhaus vor dem OLG Oldenburg die Auffassung, dass es nicht verpflichtet gewesen sei, den Gesundheitszustand des Mädchens in einem größeren Umfang als geschehen abzuklären, weil diese Behandlung nicht abrechnungsfähig gewesen wäre.
Das OLG stellte einen Behandlungsfehler fest, da es der behandelnde Arzt aus den vorgelegenen Befunden versäumt habe, die richtigen Schlüsse zu ziehen. Zudem ist es der Auffassung der Beklagten nun entgegengetreten und meinte, dass der behandelnde Arzt zumindest die Familie des Mädchens darüber hätte aufklären müssen, dass eine weitere Behandlung aus Kostengründen nicht erfolgen könne. Das OLG stellte nämlich nach Zeugeneinvernahme fest, dass die weiteren Behandlungskosten teilweise von Familienmitgliedern privat finanziert worden wären und teilweise durch eine Krankenversicherung des Vaters abgedeckt gewesen seien. Das 144 cm große Mädchen hätte heute bei Erkennen des Minderwuchses eine Größe von 156 cm erreichen können.
Das OLG sprach dem Mädchen 40.000 Euro Schmerzensgeld zu. Darüber hinaus ist das Krankenhaus verpflichtet, künftige Schäden die der Klägerin aus der fehlerhaften Behandlung entstehen, zu ersetzen.

Ja, lieber Leser: man darf entsetzt sein angesichts dieses menschenverachtenden Verhaltens im deutschen Gesundheitssystem! Aber zumindest wurde diesen Leuten nun mal gerichtlich auf die Finger geklopft! Und ich geh jetzt auch mir mein lebenslang zugesprochenes Schmerzensgeld in Form von täglichen Leckerlis und Streicheleinheiten abholen!“ 🙂

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